Der Spiritismus ist zugleich eine Wissenschaft der Beobachtung und eine philosophische Lehre.

Allan Kardec (1804-1869) stellte fest, dass “der Spiritismus zugleich eine Wissenschaft der Beobachtung und eine philosophische Lehre ist”. In seinen Worten, „als praktische Wissenschaft, besteht der Spiritismus aus den entstehenden Beziehungen zwischen uns und den Geistern, und als Philosophie umfasst er alle moralischen Konsequenzen, die diesen Beziehungen entspringen.“

In der Einführung des “Buchs der Geister” weist Allan Kardec darauf hin, dass “um neue Dinge zu definieren, neue Begriffe notwendig sind”.

Dies wiederspiegelt den Kontext des neunzehnten Jahrhunderts, in dem das spiritistische Hauptwerk verfasst wurde. Zu der Zeit in der Geschichte, gab es bereits eine gewisse Ahnung, Neugierde ja sogar eine Akzeptanz der ausserkörperliche Phänomene. Dies war jedoch noch stark umgeben von Mystik oder getrieben von blosser Neugierde ohne jegliches ethisches und moralisches Gebot.

Der Begriff “Spiritismus” entsteht dann aus der Notwendigkeit, sich vom “Spiritualismus” abzugrenzen. Letzteres bezeichnet jeden Glauben an die Existenz von etwas mehr als Materie (als Gegensatz zum Materialismus). Der Spiritist, wie Allan Kardec es nannte, räumt die Existenz von Geistern ein und wächst in das Verständnis der Gesetze heran, welche die Beziehungen der geistigen mit der materiellen Welt regieren.

Diese Gesetze zu verstehen heisst, den auf den Verstand begründeten Glauben zu praktizieren, das Verständnis für die von Christus diktierten Lehren zu erweitern und letztere in ihrer Fülle zu erleben.

„Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, was geschieht, zum Guten. Dies gilt für alle, die Gott nach seinem Plan und Willen zum neuen Leben erwählt hat. Wen Gott nämlich auserwählt hat, der ist nach seinem Willen auch dazu bestimmt, seinem Sohn ähnlich zu werden, damit dieser der Erste ist unter vielen Brüdern und Schwestern.”(Röm 8,28-29)

Paris, Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, ein bekannter Pädagoge Hippolyte Léon Denizard Rivail genannt, interessiert sich für die psychischen Phänomene, die zu der Zeit in gehobenen Gesellschaftskreisen in Mode war, bekannt als „Turning Tables“, die jeden Tag mehr Anhänger gewannen. Menschen versammelten sich bei diesen Veranstaltungen, um Fragen an die Tische zu stellen, die mit einer bestimmten Anzahl von Klöpfen “antworteten”, die für Buchstaben standen. Diese liessen sich zu Wörtern und Nachrichten zusammensetzen.

Rivail merkte, dass die Antworten trotz der frivolen Fragen der Teilnehmer zu alltäglichen Belangen klug waren. Er kam zum Schluss, dass die Tische natürlich nicht beantworten konnten. Es war notwendig, die Natur dieses Phänomens zu verstehen.

Voller Fragen über das Leben, den Tod und das Schicksal des Menschen, erarbeitete er mehr als 900 Fragen, die von den Geistern systematisch beantwortet wurden.

Der Forscher nahm den Namen von Allan Kardec an und veröffentlichte die Fragen und Antworten in der Publikation, die er “Das Buch der Geister” nannte. Dies war das erste Werk des Spiritismus, gefolgt von vier anderen: “Das Buch der Medien”, “Das Evangelium im Lichte des Spiritismus”, “Himmel und Hölle” und “Die Genesis”.

Hinzu kommen die sogenannten “Komplementärwerke”, mit den Publikationen “Was ist Spiritismus?”, “Spiritistische Zeitschrift” und “Posthume Werke”.

Auf diese Weise brachte der Spiritismus neue und tiefere Konzepte über Gott, das Universum der Menschen, die Geister und die Gesetze, die das Leben regieren. Der Spiritismus verfasst von Allan Kardec zeigt uns, wer wir sind, woher wir kommen, wohin wir gehen, was der Zweck unseres Daseins ist oder was der Grund für Schmerz und Leid ist.

Diese Werke offenbaren, beweisen und erklären auch die Existenz und die Natur der geistigen Welt, ihre Beziehungen zur Körperwelt, sowie die Natürlichkeit dieses Austauschs. Sie zeigen uns, wie der Christus in vielen Situationen darauf anspielt, und bestätigen das Evangelium Jesu als Leuchtturm für die Evolution der Menschheit.

LITERARISCHE WERKE

– Gott ist die höchste Intelligenz und primäre Ursache aller Dinge;
– Jesus ist das Vorbild und das Verhaltensideal für die Menschheit;
– Jenseits der körperlichen Welt gibt es die geistige Welt;
– Geister werden so oft wie nötig wiedergeboren, um die Vollkommenheit zu erreichen;
– Es ist möglich, die Kommunikation zwischen inkarnierte und verstorbene Menschen zu etablieren;

– Der Mensch hat den freien Willen zu handeln.

Die spiritistische Praxis wird ohne Anbetung oder Ritual durchgeführt. Es sollte kostenlos sein und sich darauf konzentrieren, anderen zu helfen. Die Medialität, sprich die Kommunikation von Geistern mit Menschen, muss innerhalb der christlichen Moral ausgeübt werden. Der Spiritismus respektiert alle Religionen und wertschätzt alle Bemühungen für die Ausübung von Gutem und für den Frieden unter den Völkern.

Allan Kardec war das Pseudonym vom angesehenen und einflussreichen französischen Pädagogen Hippolyte Léon Denisard Rivail, um die Grundwerke des Spiritismus so wie seine Studien zu veröffentlichen.

Geboren am 3. Oktober 1804 in einer traditionellen katholischen Familie mit Tradition im Rechtswesen, begibt er sich in die Schweiz, um an der Pestalozzi-Schule zu studieren. Bald erweist er sich als einer seiner angesehensten Schüler und erlangt mit nur 18 Jahren bereits das Bachelor of Science in Naturwissenschaften sowie Sprach- und Literaturwissenschaften.

Nach Abschluss seines Studiums kehrt er nach Frankreich zurück, wo er auch als Übersetzer arbeitet, da er polyglott war (er beherrschte Deutsch, Englisch und Holländisch, und hatte fundierte Kenntnisse in Italienisch und Spanisch). Er erlangt Bekanntheit in den akademischen Kreisen und wird Mitglied angesehener Gesellschaften wie des Historischen Instituts von Paris und der Royal Academy von Arras.

Als Pädagoge widmete sich der junge Rivail dem Kampf für eine stärkere Demokratisierung der öffentlichen Bildung. Zwischen 1835 und 1840 hielt er in seiner Residenz an der Straße von Sèvres kostenlose Kurse über Chemie, Physik, Vergleichende Anatomie, Astronomie und anderen ab. Zu dieser Zeit absorbierten ihn die didaktische Aspekte; er bereitete ein arithmetisches Handbuch, das während mehrere Jahrzehnten in Französisch Schulen übernommen wurde, und ein mnemonisches Bild von der Geschichte Frankreichs, das den Schülern erleichtern sollte, sich die Termine der bedeutendsten Ereignissen und Entdeckungen verschiedener Königsherrschaften Frankreichs zu merken.

Am 6. Februar 1832 heiratete er Amélie Gabrielle Boudet, die ihn bei der Verfassung der spiritistischen Werke zu einer grossen Unterstützung wurde. Laut seiner eigenen Aussage, die in “Posthume Werke” veröffentlicht wurde, war es im Jahr 1854, dass Prof. Rivail zum ersten Mal von dem damals sehr weitverbreiteten Phänomen der “Drehenden Tische” hörte, und zwar durch seinen Freund Fortier, einen Langzeit-Magnetisierer.

Allan Kardek schenkte der Geschichte keine grosse Beachtung und führte auf Bewegungen auf den sogenannten animalischen Magnetismus zu, welchen er fleissig untersuchte. Erst in Mai 1855 wurde seine Neugier effektiv geweckt, als er begann, an Sitzungen teilzunehmen, wo solche Phänomene erzeugt wurden.

In dieser Zeit wurde er auch auf das Phänomen der medialen Schrift – oder Psychographie – aufmerksam und begann damit, mit Geistern zu kommunizieren. Einer dieser Geister, bekannt als “Geist eines Bekannten”, beginnt seine Arbeit zu leiten.

Später informiert ihn dieser Geist, dass er ihn bereits aus der Zeit Galliens unter dem Namen Allan Kardec gekannt hat. So nimmt Rivail dieses Pseudonym an, unter dem er die Werke veröffentlicht, die den Spiritismus synthetisieren.

Das erste Hauptwerk des Spiritismus, das Buch der Geister, erscheint am 18 April 1857. Dieses Datum wird als Meilenstein der Gründung des Spiritismus gehalten. Nach der Herausgabe der Spiritistischen Zeitschrift (1. Januar 1858) gründet Allan Kardec im selben Jahr die erste konstituierte spiritistische Gesellschaft unter dem Namen Pariser Gesellschaft für Spiritistische Studien.

Allan Kardec widmete die letzten Jahre seines Lebens der Bekanntmachung vom Spiritismus unter den vielen Unterstützern und Sympathisanten, und verteidigte es vor den Gegnern durch die Spiritistische Zeitschrift und das Journal für Psychologische Studien.

Er starb am 31. März 1869 mit 64 Jahren in Paris, aufgrund eines Aneurysmas, während er über die Beziehung zwischen Magnetismus und Spiritismus schrieb. Er ist auf dem Friedhof Père-Lachaise begraben, einer berühmten Nekropole der französischen Hauptstadt. Neben dem Grab sind Steine, errichtet wie druidische Dolmen. Über sein Grab, sein Motto auf Französisch „unerbittlich, so ist das Gesetz, geboren zu werden, sterben, wiedergeboren zu werden und Fortschritt zu erlangen“.